Modernisierung des Erbrechts – Vorschlag des Bundesrates

Modernisierung des Erbrechts – Vorschlag des Bundesrates

In ungefähr 2/3 aller Erbrechtsfälle in der Schweiz findet das gesetzliche Erbrecht Anwendung, das heisst, es liegt weder ein Testament noch ein Erbvertrag der verstorbenen Person vor. Deshalb kommt der Qualität und Kontinuität hohe Bedeutung zu. Diese Aufgabe hat das vor mehr als 100 Jahren konzipierte Erbrecht eigentlich bravourös gelöst, nur vereinzelt wurden im Verlaufe der Jahrzehnte Anpassungen vorgenommen. Trotz allem. Auch das beste Gesetz braucht irgendwann einmal eine Revision und Modernisierung, umso mehr als heute andere und wesentlich vielfältigere Lebensformen bestehen als dies noch vor relativ kurzer Zeit der Fall war. Diesen gesellschaftlichen Entwicklungen vermag die heutige Regelung nicht mehr zu genügen.

 

Ausgelöst durch die „Motion Gutzwillerfür ein zeitgemässes Erbrecht vom 17. Juni 2010 schlägt der Bundesrat Neuerungen vor, die das Erbrecht flexibler ausgestalten soll, ohne die bisherigen Kernelemente zu gefährden. Bessere Gestaltungsmöglichkeiten sollen primär Konkubinatspaare sowie Ehepaare mit nicht gemeinsamen Kindern, sogenannte „Patchworkfamilien“, erhalten. Aber auch Inhaber von KMU-Betrieben gehören dazu, indem die Nachfolgeregelung erleichtert wird. Erreicht werden soll dieses Ziel durch eine Reduktion einerseits der Pflichtteilsquote und anderseits der Anzahl pflichtteilsgeschützter Personen (Eltern). Der Spielraum, den Nachlass mit einem Testament oder Erbvertrag massgeschneidert zu regeln, wird dadurch grösser. Diese gewichtigste Änderung soll durch flankierende Massnahmen ergänzt werden. So soll ein sogenanntes „Unterhaltsvermächtnis“ zum Schutze des Konkubinatspartners bzw. der -partnerin und von Stiefkindern möglich sein. Weiter sollen Schutzmassnahmen gegen die Erbschleicherei eingeführt und die Informationsrechte der Erben verstärkt werden. Dass der Bundesrat auch das heute zur Selbstverständlichkeit gewordene Smartphone dem Erbrecht dienlich machen will, zeigt sich beim Nottestament. Es genügt eine Aufzeichnung auf Video und es entfallen die beiden Zeugen beim heutigen klassischen Nottestament.

Dennoch geht der Vorschlag des Bundesrates in gewissen Bereichen zu wenig weit. So ist es beispielsweise nicht zielführend, wenn die heutige Regelung weitergeführt wird, dass bei der lebzeitigen Übergabe eines Familienbetriebes mittels Erbvorbezug an einen Nachkommen nicht der vertraglich festgelegte Übernahmepreis, sondern der Wert im Zeitpunkt der Erbteilung für die Ausgleichung unter den Nachkommen massgebend sein soll. Diese rechtliche Fallgrube sollte aufgehoben werden.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Handlungsbedarf bei der Anpassung der kantonalen Steuergesetze. So ist es im Vergleich zu Ehepaaren nicht das „Gelbe vom Ei“, wenn Konkubinatspaare sich wohl erbrechtlich mehr begünstigen können, aber der sechsfache Betrag der einfachen Erbschaftssteuer fällig wird, wie dies heute im Kanton Zürich der Fall ist.

Es ist davon auszugehen, dass der Vorentwurf des Bundesrates noch einige Korrekturen erfahren wird, bevor die Modernisierung des Erbrechts Tatsache wird. Bis die Gesetzesänderung in Kraft tritt, kann es gut und gerne fünf Jahre oder noch länger dauern.

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